Übersicht: Aktuelles

23. März 2023

Ein wichtiger Fund – Ernst Weiß schreibt über das eigene Schreiben

Es fehlt nicht an Texten, in denen sich der Schriftsteller Ernst Weiß über seine Herkunft und sein Leben geäußert hat, er hat sich zudem wiederholt mit prononcierten Urteilen an literarischen Umfragen beteiligt, und was er von den Büchern seiner Kollegen hielt, kann man in seinen zahlreichen Rezensionen nachlesen, die im 16. Band der Werkausgabe von 1982 versammelt sind. Nicht darin enthalten ist aber eine ausführliche Darstellung über sein eigenes Schreiben, die der Autor im Jahr 1929 in einem wissenschaftlichen Werk veröffentlicht hat, das der Weiß-Forschung bisher entgangen ist. Es handelt sich dabei um das Buch „Die Psychologie der produktiven Persönlichkeit“ von Paul Plaut, das 1929 im Stuttgarter Verlag Ferdinand Enke erschien.

Wie ist es zu dieser wichtigen Publikation, in der sich Weiß so eingehend über sein eigenes literarisches Schaffen wie an keiner anderen Stelle geäußert hat, überhaupt gekommen? Der 1894 in Berlin geborene Paul Plaut hatte ursprünglich Philosophie und Literaturwissenschaft studiert und wurde nach seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg 1920 in Greifswald mit einer Arbeit über Balzac promoviert. 1922 nahm der jüdische Wissenschaftler zusätzlich das Studium der Medizin auf, erwarb 1927 auch darin den Doktorgrad und wirkte dann hauptberuflich als Assistenzarzt an einem Berliner Krankenhaus.

Plaut nahm mit anderen zusammen wegweisende kriegspsychologische Untersuchungen vor und interessierte sich zudem für die seelischen Bedingungen, unten denen insbesondere Schriftsteller, Künstler und Wissenschaftler zu ihrer schöpferischen Arbeit befähigt sind. Er wandte sich dabei gegen den herkömmlichen Geniebegriff und sammelte vielmehr aussagekräftige empirische Daten, indem er an 400 „produktive Persönlichkeiten“ Fragebögen schickte. Zu den auf diese Weise herangezogenen „Untersuchungsobjekten“ seines dann 1929 veröffentlichten Buches, durchweg namhafte Vertreter aus den Künsten und den Wissenschaften, gehörte eben auch Ernst Weiß.

Zum weiteren Schicksal Plauts, der erst 1938 über Amsterdam nach London emigrierte, wo er 1960 starb, ist anzumerken, daß er in der Emigration erneut auch als Gerichtsgutachter – wie schon in Berlin – tätig war und als Psychiater an der Portman Clinic wirkte. Seine Arbeiten während dieser Zeit sind in Deutschland bisher nicht hinreichend rezipiert worden, wie es überhaupt wünschenswert wäre, auf diesen weitgehend vergessenen Psychologen neu hinzuweisen.

Der dreiseitige Text von Ernst Weiß in Plauts Buch, der ohne Überschrift abgedruckt wurde, ist im Inhaltsverzeichnis des Bandes merkwürdigerweise gar nicht aufgeführt, sondern wird in einer Art Anhang, mit nur ganz wenigen anderen zusammen, in ganzer Länge wiedergegeben. Die sehr aufschlußreiche Selbstäußerung soll an dieser Stelle nicht näher untersucht und in einen Zusammenhang gestellt werden, dazu wird sich eine andere Gelegenheit finden müssen. Hingewiesen sei immerhin auf die Franz Kafka gewidmete Passage, die im Einklang mit ähnlichen Deutungen zum Leben und Schaffens seines „Freundes“, wie Weiß auch hier seinen literarischen Weggefährten nennt, einer Analyse unterzogen werden soll.

Autor: Peter Engel

Download: Ernst Weiß über sein Schreiben als PDF

Ein wichtiger Fund – Ernst Weiß schreibt über das eigene Schreiben

23.03.2023     Rubrik: Ernst Weiß Werk     Direktlink

06. März 2023

Der doppelte Ernst Weiß – Korrektur eines Irrtums

Den drei Theaterstücken „Tanja“ (1920), „Olympia“ (1923) und „Leonore“ (1923) von Ernst Weiß hat Klaus-Peter Hinze in seiner dem Schriftsteller gewidmeten Bibliographie von 1977 auf Seite 50 als viertes dramatisches Werk noch die Komödie „Die kleine Heilige“ hinzugefügt. Er datiert dieses Werk ebenfalls auf das Jahr 1923 und nennt es zwar „verschollen“, fügt aber als quasi Existenzbeweis eine Besprechung des Stücks an, die in der Zeitschrift „Das literarische Echo“ auch tatsächlich veröffentlicht wurde. Es ist allerdings auch der einzige Hinweis, den er überhaupt anzugeben vermochte, während zu den Uraufführungen der anderen drei Theaterstücke von Weiß jeweils etliche Besprechungen aufgeführt sind. Allein schon dieser Umstand hätte den Literaturwissenschaftler stutzig machen und davon abhalten sollen, die Komödie überhaupt in sein Verzeichnis aufzunehmen.

Tatsächlich beruht die Nennung des Werks in der Weiß-Bibliographie auf einem Irrtum, wie ich jetzt bei der Überprüfung von Hinweisen feststellen konnte. Die verdanke ich dem Aachener Literaturwissenschaftler Gregor Ackermann, der in den „Weiß-Blättern“ kleine Teilbibliographien zum Werk des Schriftstellers veröffentlicht hat. Nun fand er heraus, daß das „Neue Wiener Journal“ am 5. April 1923 einen Beitrag mit dem Titel „Wie ich um meinen Namen kam“ (PDF) publizierte und daß einen Tag später die Tageszeitung „Die Stunde“ mit dem Artikel „Ernst Weiß und Ernst Weiß“ folgte: Beide Veröffentlichungen zusammen bringen nun endlich Licht in das Dunkel um die „Kleine Heilige“.

Der doppelte Ernst Weiß – Korrektur eines Irrtums

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21. Januar 2023

Neue Übersetzung von “Der Aristokrat” in Spanische

Der Verlag Alpha Decay aus Barcelona hat 2022 eine Übersetzung des Ernst Weiß Romans "Der Aristokrat" veröffentlicht. Das Buch namens  „El Aristócrata“ ist mit gebührender Wertschätzung für Ernst Weiß und einer Malerei von Max Liebermann auf dem Titelblatt ausgestattet. 

Die Übersetzung basiert auf der Ausgabe der gesammelten Werke von Ernst Weiß, Band 9, Suhrkamp 1982. Das Nachwort von Peter Engel ist in der spanischen Übersetzung auch enthalten und übersetzt worden. Der Band enthält zudem ein Vorwort von Alberto Gordo.

Neue Übersetzung von “Der Aristokrat” in Spanische

21.01.2023     Rubrik: Ernst Weiß Werk     Direktlink

16. Januar 2023

Neuausgabe einer Übersetzung von Ernst Weiß – „Tartarin von Tarascon“ bei Faber & Faber

Seitdem die Werke von Ernst Weiß „gemeinfrei“ sind, also das Copyright für seine Romane und andere Schriften im Jahr 2010 abgelaufen ist, gibt es eine Schwemme von billig aufgemachten Nachdrucken mit knalligen Covern und von dubiosen Verlagen herausgebracht. Da ist es fast eine kleine Sensation, daß das für seine schön ausgestatteten Bücher bekannte Leipziger Haus Faber & Faber eine Neuedition von Alphonse Daudets Romans „Tartarin von Tarascon“ in der Übersetzung von Ernst Weiß vorgelegt hat. Die Originalübertragung war 1928 von der Deutschen Buch-Gemeinschaft in Berlin verlegt und mit Zeichnungen von Walther Klemm versehen worden, die manche als etwas altbacken und zu bieder empfinden.

Neuausgabe einer Übersetzung von Ernst Weiß – „Tartarin von Tarascon“ bei Faber & Faber

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14. Januar 2023

Der Augenzeuge: Zwei Hörbücher kurz vorgestellt

Im letzten Jahr habe ich sie bereits entdeckt und möchte sie nun endlich vorstellen, die zwei Hörbücher des Romans "Der Augenzeuge" von Ernst Weiß.

Der Augenzeuge: Zwei Hörbücher kurz vorgestellt

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05. Dezember 2022

Das Ernst Weiß Portal auf Twitter

Ich habe vor einigen Wochen auch einen Twitter-Account für das Portal angelegt und recht gut belebt. Bitte schauen Sie selbst und folgen uns gerne: https://twitter.com/wei...

05.12.2022     Rubrik:     Direktlink

01. Dezember 2022

Interview: Drei “Hebel” zur Wiederentdeckung von Ernst Weiß

Peter Engel hat Anfang der Acht­zi­ger­jah­re zusammen mit Volker Michels die Gesammelten Werke von Ernst Weiß herausgegeben und lange Jahre die "Weiß-Blätter herausgebracht. Im Interview berichtet er, wie seine Beschäftigung mit Ernst Weiß verlaufen ist und nennt drei "Hebel", die Ernst Weiß wieder in den Fokus des öffentlichen Interesses rücken könnten. 

EWP: Wann wurde Ihr Interesse an Ernst Weiß und seinem Werk entfacht?

Peter Engel: Auf den Schriftsteller stieß ich während des Studiums in den Tagebüchern Kafkas, über den ich damals arbeiten wollte. Aber das hatten schon allzu viele vor mir getan, weshalb ich mich dann intensiver mit Ernst Weiß befaßte. Aber die besondere Faszination durch Kafkas Werk blieb bestehen und sie war auch immer im Hintergrund dabei, als ich die Bücher von Weiß nach und nach las und die Erstausgaben - bis auf eine Ausnahme - sämtlich erwarb. Und auch die angebliche Freundschaft zwischen den beiden Schriftstellern interessierte mich anhaltend und hat zu meinen entsprechenden Deutungsversuchen geführt - das Thema ist für mich noch nicht abgeschlossen.

Interview: Drei “Hebel” zur Wiederentdeckung von Ernst Weiß

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07. November 2022

Kurzer Zwischenstand: Das Ernst Weiß Portal wächst

In der Rubrik Werke sind nun alle Buchausgaben von Ernst-Weiß-Werken, soweit sie mir bekannt sind, eingetragen, zum Teil auch mit Quellenangaben zu entsprechenden Rezensionen. Jede Buchausgabe ist auch als Einzellink aufrufbar, so lassen sich die einzelnen Seiten besser teilen, beispielhaft steht dafür der Eintrag über das Buch Die Galeere. Zahlreiche Rezensionen aus diversen Bibliographien sind noch einzupflegen. 

Kurzer Zwischenstand: Das Ernst Weiß Portal wächst

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02. November 2022

Die Startseite hat jetzt eine Suche

Wer gezielt nach Inhalten auf dem Ernst Weiß Portal suchen möchte, kann nun eine recht zuverlässige Suche auf der Startseite nutzen. Probieren Sie es aus!

02.11.2022     Rubrik:     Direktlink

24. Oktober 2022

Link im Wikipedia-Eintrag Ernst Weiß

Damit das Ernst Weiß Portal auch gefunden wird, habe ich mich bei Wikipedia registriert und den Weblink zum Portal eingetragen. Nach ein paar Tagen war die Änderung angenommen: Ernst Weiß (Schriftsteller)

24.10.2022     Rubrik: Resonanz     Direktlink

15. Oktober 2022

Über das Ernst Weiß Portal und seine Entstehung

Im Frühjahr 2018 erfuhr ich in dem Buch Die verbrannte Dichter von Jürgen Serke das erste Mal etwas über das Leben von Ernst Weiß. Ich besorgte mir daraufhin in einem Antiquariat seinen Roman Der Augenzeuge, der mich sowohl begeisterte als auch angesichts seiner Kompaktheit irritierte, als könne ich die Dichte des Geschehens durch einmaliges Lesen nicht erfassen. Jedenfalls war ich sehr angetan und suchte auf diversen Bücherplattformen nach weiteren Werken von Ernst Weiß. 

Über das Ernst Weiß Portal und seine Entstehung

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12. Oktober 2022

Über die Hartnäckigkeit von widerlegten Falschinformationen

Am 28. August 2022 jährte sich der 140. Geburtstag von Ernst Weiß und ich hatte gehofft, daß in meinem favorisierten Literaturkalender das Wochenblatt Ernst Weiß gewidmet würde. Aber leider wurde ich enttäuscht. Zwar wurde Ernst Weiß in der Tagesliste derjeningen aufgeführt, die an diesem Tag geboren oder gestorben waren, aber leider mit dem falschen Geburtsjahr. Statt 1882 stand da 1884. 

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