Rubrik: Ernst Weiß Werk

30. November 2025

Pressestimmen: Ernst-Weiß-Roman „Männer in der Nacht“ erstmals auf italienisch

von Ginevra Quadrio Curzio

Die erste italienische Übersetzung des Weiß-Romans Männer in der Nacht ist im Februar dieses Jahres, genau 100 Jahre nach dem Erscheinen der Originalausgabe, von dem jungen Mailänder Verlag Medhelan herausgebracht worden. Der Band Uomini nella notte (traduzione e cura di Ginevra Quadrio Curzio) umfaßt 180 Seiten und kostet 20 Euro. Das Echo in der Presse war vielfältig und durchgehend positiv. Im Folgenden werden die relevantesten Pressereaktionen kurz zusammengefaßt.

Pressestimmen: Ernst-Weiß-Roman „Männer in der Nacht“ erstmals auf italienisch

Die Reihe der Berichte wurde am 28. Februar eingeleitet mit einem langen Artikel von Riccardo Canaletti in der Tageszeitung „Il Foglio“ mit Sitz in Mailand und Rom. Unter dem Titel Un romanzo su Balzac e l’irragionevolezza del mondo (Ein Roman über Balzac und die Unvernünftigkeit der Welt) setzt der Rezensent den Schriftsteller Weiß und sein Werk insgesamt in Beziehung zu seinem Freund Franz Kafka, dessen er bedurft habe, damit er über „sich selbst klar“ wurde. Der Stil des Romans wird als ein „hoher, durchgearbeiteter“ gewürdigt und mit dem des englischen Schriftstellers Martin Amis verglichen.

Am 9. März figurierte Uomini nella notte an dritter Stelle in der Rangliste der besten Neuerscheinungen in der Kulturbeilage „Robinson“ der Tageszeitung „La Repubblica“. Kurz darauf, am 13. März, erschien eine Besprechung von Daniele Abbiati in der Tageszeitung „Il Giornale“ mit dem Titel Il dottor Weiss scruta nell’anima dei suoi „Uomini nella notte“ (Der Arzt Dr. Weiß schaut in die Seele seiner Männer in der Nacht). Darin geht es auch um die anderen Arzt-Protagonisten in den Romanen von Ernst Weiß, und es wird hervorgehoben, daß Ärzte wie Schriftsteller versucht seien, „Gott zu spielen“, das Schicksal der Menschen neu zu gestalten. Der Rezensent lobt insbesondere die psychologische „Durchschlagskraft“ der Werke von Weiß und findet, daß der Bericht über die Affäre Peytel den besten Kriminalromanen von Georges Simenon in nichts nachsteht.

Am 1. April lobte „Il Riformista“ die Initiative des Verlags Medhelan, „ein bisher unbekanntes Kleinod“, den großartigen Roman über Balzac, ins Italienische übersetzen zu lassen. Vom 5. Mai datiert die von Vito Punzi verfaßte Besprechung in der Tageszeitung „Avvenire“, wonach die relative Vergessenheit, in die Ernst Weiß geraten ist, mit den Auswirkungen der Nähe zu seinem Landsmann Franz Kafka zu erklären sei. Dennoch meint der Rezensent, daß gerade jene Elemente Weiß heute noch lesenswert machen, die ihn mit seinem Freund Kafka verbinden, insbesondere im Blick auf die Beleuchtung der tragischen Lage der Kreatur, die der Mensch mit den Tieren teilt. Auch findet Vito Punzi den Bericht über die Affäre Peytel überzeugender als die Kapitel, die dem Aufstieg und Fall des Napoleon Bonaparte gewidmet sind.

Am 13. Mai war im Literatur-Blog „LuciaLibri“ über Uomini nella notte die Rede von dem „erstaunlichen Werk“ eines „noch nicht genügend bekannten mitteleuropäischen Autors, dessen Romane die Verlagskataloge von Adelphi, Elliot, Castelvecchi und nun auch Medhelan“ schmücken. Der Blog-Artikel enthält leider einige Ungenauigkeiten, wie z. B. die verbreitete, aber nicht zutreffende Legende, nach der die im Roman „Der Augenzeuge“ erzählte Geschichte autobiographisch sei und Weiß selbst als Arzt im Ersten Weltkrieg Adolf Hitler von seiner hysterischen Blindheit geheilt habe.

Schließlich brachte „La Provincia“, die Tageszeitung der Provinz Como, am 20. Oktober eine von Mattia Mantovani stammende Rezension des Buches. Darin wird die Thematik betont, die den Roman mit dem restlichen Werk des Autors verbinde: Das Leben als ein Schicksal, dessen Verlauf der Mensch zwar beeinflussen, aber nicht aufhalten könne. Das Buch sei vielleicht nicht der beste Roman von Weiß, aber Männer in der Nacht habe den Vorzug, die genannte Grundansicht unmißverständlich klar zum Ausdruck zu bringen.

30.11.2025     Rubrik: Ernst Weiß Werk

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